Die Untersuchung der Maulhöhle und damit der Zähne des Pferdes durch den Tierarzt sind wie die regelmäßigen Wurmkuren und Schutzimpfungen ein wesentlicher Bestandteil der Gesundheitsvorsorge. Sie schützt vor kostenintensiven Krankheiten, die durch Zahnschäden ausgelöst werden.

Evolution und Physiologie

Die Vorfahren unserer Pferde lebten als Herdentiere in weiträumigen Steppenlandschaften. Die Nahrung bestand vor allem aus Gras, das ständig aufgenommen wurde - bis zu 20 Stunden täglich. Das Gebiss ist also hoch spezialisiert. Die vorderen Schneidezähne des Ober- und Unterkiefers dienen zum Abschneiden kurzer, nahrhafter Gräser, die von den Lippen ertastet werden. Dabei werden auch anhaftende Mineralien (Sand und Silikate), die härter als der Zahnschmelz sein können aufgenommen. Das aufgenommene Rauhfutter wird zwischen den Backenzähnen zermahlen, eingespeichelt und dann als Brei abgeschluckt. So aufgeschlossen, können die Darmbakterien die aufgenommene Zellulose verdauen, aufschließen und für den Pferdeorganismus verwertbar machen.
Um für die Darmbakterien und damit für das Pferd verwertbar zu sein, muss das Rauhfutter ausreichend zerkleinert sein.
Ein Hinweis darauf ist die Länge der Fasern im Pferdekot, die durchschnittlich 4 mm lang sind und die Länge von 2 cm nicht überschreiten sollte.

 

Anatomie

Das normal entwickelte, erwachsene Pferdegebiss besteht bei der Stute aus 36 und bei Hengst oder Wallach aus 40 Zähnen. Die männlichen Tiere haben zusätzlich 4 Hengstzähne, die zwischen Schneide- und Backenzähnen liegen (auch ca. 30 % der Stuten).
Das Gebiss besteht aus 12 Schneidezähnen, je 6 im Ober- und Unterkiefer und 24 Backenzähnen. In jedem Kieferast befinden sich oben und unten, rechts und links je 6 Backenzähne, die in je 3 Mahlzähne und 3 Vormahlzähne unterteilt werden.
Die Pferdezähne sind langkronig, das heißt sie schieben jährlich 2-3 mm nach, um die Abnutzung durch die Mahlvorgänge auszugleichen - anders übrigens als kurzkronige Zähne (z.B. beim Menschen), die mit Zahnschmelz überzogen sind. Sie nutzen sich nicht ab und schieben - wenn man so will - nicht nach.
Die oben erwähnten Hengstzähne bilden jedoch eine Ausnahme. Sie sind den Zähnen der Alles- und Fleischfresser ähnlich. Sie sind schmelzüberkront und nutzen sich nicht ab. Grund: Die Hengstzähne dienen nicht der Nahrungsaufnahme oder Zerkleinerung der Nahrung, sondern der Verteidigung oder als Waffe bei Rangordnungsauseinandersetzungen.
Fohlen werden meist ohne Schneidezähne geboren, nach 6 Tagen brechen die inneren Milchschneidezähne (Zangen) durch, nach 6 Wochen folgen die mittleren Schneidezähne und nach 6 Monaten die äußeren Eckschneidezähne.
Die Milchzähne sind weiß und ihre Kaufläche ist länger als der Zahn hoch ist - im Vergleich zu den bleibenden Zähnen, die gelblich und hoch rechteckig sind.
Der Zahnwechsel zum bleibenden Gebiss beginnt bei den Schneidezähnen im Alter von 2,5 Jahren mit den Zangen, die Mittelzähne wechseln im Alter von 3,5 Jahren und schließlich mit dem Wechsel der Eckzähne im Alter von 4,5 Jahren, ist das erwachsene Schneidezahngebiss komplett.
Bei den männlichen Pferden erfolgt der Durchbruch der permanenten Hengstzähne im Alter von 4-6 Jahren. Die Milchbackenzähne brechen bei der Geburt oder innerhalb der ersten Lebenswochen durch. Der erste bis dritte Milchbackenzahn wird im Alter von 3 bzw. 4 Jahren durch die größeren bleibenden Vormahlzähne ersetzt. Die dahinter liegenden Mahlzähne (Weisheitszähne), die gleich als bleibende Zähne angelegt sind, brechen ungefähr im Alter von 1,2 und 3,5 Jahren durch.
Daraus folgt, dass im 3.-5. Lebensjahr eines Pferdes 20 Backenzähne durchbrechen, zusätzlich zu den 12 Schneidezähne und den 4 möglichen Hengstzähnen. Das ist teilweise mit Schmerzen verbunden - zumal das in einen Zeitraum fällt, in dem gewöhnlich die Ausbildung und Nutzung der Tiere beginnt.
Eine regelmäßige, halbjährliche Kontrolle dieser Entwicklungsvorgänge kann Leistungseinbußen und mithin "Missverständnissen zwischen Mensch und Tier" bei Verweigerung in der Ausbildung vorbeugen.

Zahnprobleme

In der Pferdezucht wird gemeinhin wenig auf die Zahngesundheit der Elterntiere geachtet, andere Gesichtspunkte wie Exterieur, Leistung oder gar Farbe standen im Vordergrund der Zucht. Als Folge der Domestizierung blieb eine genetische Selektion in diesem Bereich aus - und Missbildungen sind deshalb häufiger verbreitet: Typisch ist etwa der Überbiss. Durch den Überstand der Schneidezähne, aber auch der Backenzähne kommt es zur ungleichmäßiger Abnutzung der Zähne und dadurch zur Ausbildung von Zahnhaken am ersten Vormahlzahn oben, gleichzeitig auch am letzten Backenzahn unten, da die Kauleisten gegeneinander in Längsrichtung verschoben sind.
Dies führt zu Schmerzen wenn die Haken beim Kauen die Schleimhaut des gegenüberliegenden Kiefers verletzen. Häufige Folgen sind Fressstörungen und Widersetzlichkeit beim Reiten.
Das gleiche gilt auch für die so genannten Wolfszähne. Sie liegen im Oberkiefer vor den Vormahlzähnen - oft verborgen unter der Schleimhaut. Sie müssen entfernt werden, wenn sie in der Gebisslage stören. Aber auch zusätzliche oder fehlende Zähne, sowie Fehlbildungen der Zahnsubstanzen kommen vor. Beim Zahndurchbruch oder Zahnwechsel kann es zu Störungen kommen. Milchzähne können sich verklemmen oder neu durchbrechende Zähne verkeilen. Bleibende Zähne folgen dann dem geringsten Widerstand und wachsen in eine andere mithin falsche Richtung, das kann zu Auftreibungen des Ober- oder Unterkieferknochens bis zur Entstehung von Zahnfisteln führen.
Klemmende Milchzahnkappen sollten rechtzeitig entfernt werden. Verkeilte durchbrechende Zähne müssen so beschliffen werden, dass sie sich in die korrekte Richtung entwickeln können.
Um insbesondere Sportpferden hohe Leistungen abfordern zu können, erhalten sie entsprechend konzentriertes Futter: Eine 20 Stunden dauernde Futteraufnahme und ein Heubauch passen eben nicht zu den Anforderungen, die an Sportpferde gestellt werden.
Weniger, aber energiereicheres Futter führt zu kürzeren Fresszeiten und damit auch zu geringerer Abnutzung der Zähne.
Da der Oberkiefer breiter als der Unterkiefer ist, entstehen bei weniger Kauschlägen rasiermesserscharfe Zahnspitzen an den Oberkieferbackenzähnen außen und an den Unterkieferbackenzähnen innen. Das kann zu schmerzhaften Verletzungen der Backenschleimhaut und der Zunge führen. Neben den Schmerzen, die beim Reiten stören und führt das zusätzlich auch zu reduziertem Kauen der Nahrung: Zu erkennen an grobfasrigen Kotballen. Die Fasern sind länger als 2 cm. Teilweise ist „ganzer Hafer“ im Kot zu erkennen. Die Folgen sind erhöhter Futterbedarf, Leistungsschwäche und Abmagerung. Da diese Zahnspitzen Ursache für vielfältige Probleme sein können, sollten sie beraspelt werden.
Bei erwachsenen Pferden empfiehlt es sich die Maulhöhle einmal jährlich routinemäßig untersuchen und die Zähne bei entsprechenden Befunden behandeln zu lassen.

Symptome

Wenn Ihr Pferd mit dem Kopf schlägt, das Gebiss nicht annimmt oder plötzlich unrittig wird, ist das ein Hinweis auf Zahnprobleme bzw. -schmerzen. Beim Fressen zeigen sich Symptome wie Futterstreuen, starkes Speicheln und Wickelkauen (d.h. durchgekautes Heu findet sich in fingerlangen "Würsten" am Fressplatz).
Der Allgemeinzustand des Pferdes verschlechtert sich, es verliert an Gewicht und das Fell wird stumpf. Auch Koliken oder Schlundverstopfungen können Hinweise sein.
Weitere Symptome sind stark riechender, meist einseitiger Nasenausfluss, Umfangsvermehrungen an Kiefer und Nasenrücken, unangenehmer Geruch aus dem Maul und Veränderungen der Kotkonsistenz mit langen Fasern und ganze Haferkörner.

Besonderheiten im Alter

Die Pferdezähne wachsen bis etwa zum 7. Lebensjahr, danach werden sie durch die permanente Abnutzung kürzer (ca. 3 mm jährlich). Je nach Konstitution, Futterbeschaffenheit usw. halten die Zähne etwa noch 20 Jahre nach dem Ende des Längenwachstums, danach können sie ausfallen. Die Folgen sind Treppen, Stufen oder Wellen im alternden Pferdegebiss, da dort, wo Zähne bereits ausgefallen sind, der gegenüberliegende Zahn nicht mehr abgenutzt wird. Um eine ausreichende Zerkleinerung des Futters bzw. einen normalen Kauvorgang zu gewährleisten, müssen diese zu langen, nicht abgenutzten Zähne beschliffen und eine möglichst gleichmäßige Kaufläche hergestellt werden.
Das Gebiss des alternden Pferdes sollte bei festgestellten Abnormitäten halbjährlich kontrolliert werden.

Zahnbehandlungen

Unser Tierärzte sind aufgrund ihrer veterinärmedizinischen Qualifikation Ihre Ansprechpartner sowohl für die Zahnprophylaxe als auch für die Behandlung von Zahnerkrankungen Ihres Pferdes.

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